Für Kardinal Marx ist die Kirche an einem toten Punkt angekommen. Hat er recht?

IHR GEHORSAMER
REINHARD KARDINAL MARX
Mit diesem Gruß
hat Marx dem Papst
seinen Amtsverzicht
angeboten.
Ihr Gläubigen,
die ihr an eine
demokratischere Kirche
glaubt, lasst fahren
alle Hoffärtigkeit,
schließt euren Mund
und tut Buße.
Ihr seid zur
Unterwerfung
verdammt
für alle Ewigkeit.
Der Punkt war
immer schon tot.

 

7 Gedanken zu “Für Kardinal Marx ist die Kirche an einem toten Punkt angekommen. Hat er recht?

  1. Wolfgang Engel sagt:

    Die Kirche an einem toten Punkt?
    Meine Meinung: Ja.
    Und aus meiner Sicht nicht nur wegen der Missbrauchsskandale. Das ist eigentlich nur ein Nebenschauplatz. Ich denke, die Kirche ist ein Auslaufmodell. Sie hat über 2000 Jahre vielen Menschen Halt gegeben, ….wenn sie an die Lehre der Kirche geglaubt haben. Das Zeitalter des Glaubens ist jedoch mit dem Beginn der Aufklärung zu Ende gegangen. Wir sind im Zeitalter der Ratio angekommen. Die Kirchenaustritte sprechen eine klare Sprache: Immer mehr Menschen “brauchen” das alte Glaubensgebäude nicht mehr. Sie sind in der Realität angekommen. Da haben die alten Mythen keine Funktion mehr.
    Als die Juden noch das goldene Kalb angebetet hatten, gab es auch schon mal einen “toten Punkt”. Moses hat es vernichtet und einen neuen, weiterentwickelten Glauben installiert. Etwa 2000 Jahre später hat Jesus etwas ganz Ähnliches gemacht. Er sagte: “Die Alten haben euch gelehrt…., ich aber sage euch….” Auch er hat erkannt, dass das alte mosaische Glaubenskonstrukt an einem toten Punkt war und hat es außer Kraft gesetzt und etwas Neues installiert. Nämlich: Liebet eure Feinde, anstelle von Auge um Auge und Zahn um Zahn. Nun sind wir (per Zufall?) wieder rund 2000 Jahre vorangeschritten und die Kirche steht….. “an einem neuen toten Punkt”. Wen wundert es? Alles Alte muss vergehen, damit Neues entstehen kann. Wie und was, das ist noch nicht ganz klar ersichtlich. Ist es wieder eine neue Religionslehre? Ich vermute nein, weil das Zeitalter des Glaubens hinter uns liegt.
    Was könnte dieses Neue sein?
    Liebet eure Feinde hört sich doch sehr gut an. Aber der nächste Schritt der geistigen Evolution ist vielleicht die Erkenntnis, dass es gar keine Feinde gibt….?
    Das Zeitalter der Ratio hält uns gnadenlos die Realität vor Augen. Nämlich: Wir sitzen alle in einem Boot! Die Menschheit wächst zusammen. Die Globalisierung vermischt die Völker immer mehr, unweigerlich. ALLE müssen mithelfen, das Boot im rechten Fahrwasser zu halten. Wir müssen uns solidarisieren, sonst könnte das unser Untergang sein. Feinde, die wir lieben sollen, in unserem gemeinsamen Boot? Unvorstellbar! Wir sind vielmehr alle Brüder und Schwestern. Wir gehören doch alle zusammen, haben alle ein gemeinsames Ziel: Wir müssen unseren Planeten erhalten, schonen, lieben, pflegen, sauber halten, gesund machen. Welche Aufgabe könnte dabei die Kirche noch übernehmen, die uns predigt, dass wir unsere Feinde lieben sollen? Das ist altes Bewusstsein. Damit will ich es nicht abwerten, denn jede Bewusstseinsstufe im geistigen Evolutionsprozess ist wichtig und darf und kann nicht ausgelassen werden. Das neue Bewusstsein ist ein Bruder-Bewusstsein: Alles was ich / wir hier in unserem Lande tun oder lassen, hat Auswirkungen auf alle anderen Länder und Völker, auf unsere Brüder. Sie sind auf unser rechtes Tun angewiesen, so wie wir auf ihr rechtes Tun angewiesen sind. Das Denken in Feindbildern ist hier völlig unpassend. Brüder unterstützen sich gegenseitig und helfen einander völlig ungeachtet der Religionszugehörigkeit, zur Erreichung des großen Zieles: Unsere Welt erhalten, damit wir nicht untergehen.
    Der Kardinal mag es wohl ahnen, dass in der Zukunft Religion an sich, egal welcher Couleur, an Bedeutung immer mehr verlieren wird, verlieren muss. Das Bruderbewusstsein braucht keine Glaubensgebäude mehr, die sich aus alten Mythen nähren. Wir brauchen das spirituelle Bewusstsein, dass wir alle Eins sind, auf ganz tiefer Ebene miteinander verbunden.
    Das Wort des Kardinals ist, so hoffe ich, mehr als nur Resignation. Ich hoffe, es ist das in tiefer, prophetischer Weisheit gesprochene Wort eines neuen Moses, eines neuen Jesus von Nazareth: “Ich aber sage euch: Die Kirche ist an einem toten Punkt. Es ist zu Ende. An einem toten Punkt wächst kein neues Grün! Lasst uns eine völlig neue Brüderlichkeit propagieren, jenseits aller Religion….”
    Wir brauchen jetzt eine klare, rationale Ausrichtung an der Realität. Eine schonungslose, nüchterne Bestandsaufnahme, und letztlich eine konsequente von allen brüderlich getragene “Rettungsaktion” für uns und die Welt. Wir müssen es anpacken! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Beten hier noch hilft.
    Freilich ist dieses neue Bewusstsein erst im Entstehen. Aber die globale, völkerübergreifende Solidarisierung ist bereits in der Pandemie sichtbar geworden: Wir müssen den armen Ländern Impfdosen schenken! Na klar! Wenn wir alle in einem Boot sitzen…. Wie soll es denn sonst gehen? Letztlich könnte ich sogar die Bemerkung riskieren, dass diese Pandemie segensreich dabei hilft, uns auf die nächste globale Bewusstseinsstufe zu heben.
    Ja, die Religion, und damit natürlich auch die christliche Kirche ist an einem toten Punkt.
    Aber WIR, wir sind es noch lange nicht! (Amen)

    1. Karlheinz Raum sagt:

      Lieber Wolfgang, super Kommentar, der weit über die Frage zu Marx’ Meinung hinausgeht. Durch die globale Betrachtungsweise wird nicht nur der christliche Glaube infrage gestellt, sondern das Überleben der ganzen Menschheit. Damit würde der tote Punkt besser als Höhepunkt oder Kipppunkt unserer Entwicklung betrachtet werden.

      1. Wolfgang Engel sagt:

        Lieber Karlheinz,
        danke für deine Wertschätzung.
        Ja, meine Betrachtung geht weit über die Frage der Missbrauchsfälle hinaus. Leider ist festzustellen, dass der Kardinal selbst seinen eigenen Satz nicht in dieser Tiefe sieht. Ich habe den Eindruck, er bezieht den toten Punkt der Kirche nur auf die Missbrauchsfälle. Ich kann aber auch gut verstehen, dass er den Toten Punkt des Christentums, und der Religionen an sich als Kirchenmann natürlich nicht sehen kann,…darf,…will…
        Du möchtest den Ausdruck “toten Punkt” nach meinen Ausführungen eher als “Höhepunkt” oder “Kipppunkt” sehen. Beide Begriffe treffen jedoch nicht das, was ich meine.
        Nach Überschreiten eines Höhepunktes geht es bergab, ebenso nach dem Kipppunkt. Das sehe ich nicht! Es geht weiter “bergauf”! Das ist das Wesen der Evolution. Es gibt hier absolut keinen Grund zum Pessimismus. Die Kirche hat nicht versagt. Sie hat fast 2000 Jahre lang einen sehr notwendigen Job gemacht. Sie hat den Leuten gesagt, was richtig oder falsch ist. Das musste sie tun, weil die Menschen in dieser Zeit noch nicht die Bewusstseinsstufe der EIGENVERANTWORTUNG erreicht hatten. Aber seit der Zeit der Aufklärung ist das Zeitalter des Glaubens beendet. Die Menschen erkennen zunehmend ihre Eigenverantwortung und auch die Verantwortung für das große Ganze, Stichwort wachsende Solidarität in der Pandemie, wachsende Solidarität in Umweltfragen. Wir befinden und also nicht an einem Kipppunkt, sondern wir schwingen uns gerade auf die nächst höhere Bewusstseinsstufe. Es ist Evolution, Reifung, Weiterentwicklung. Die Kirche, die Religionen haben ihre Aufgabe erledigt. Jetzt brauchen wir ganz andere Strukturen. Mit Beten werden wir unsere Probleme nicht mehr lösen. Wir, immer mehr Menschen erkennen jetzt selbst, was richtig und falsch ist. Kirche/Religion wird nicht mehr gebraucht. Wir sind ein Stückweit mehr Erwachsen geworden. Insofern ist die Kirche an einem toten Punkt. Sie hat ihre Schuldigkeit getan und darf nun, unseres großen Dankes gewiss, “zurücktreten”. So wie der Kardinal es getan hat.
        Aber leider ist ihm, und auch dem Papst, der den Rücktritt abgelehnt hat, die Tragweite dieses Satzes (noch) nicht bewusst. Das macht aber nichts, denn die stete Zahl der Kirchenaustritte sorgt ja an sich schon dafür, dass die Kirche immer weiter in die Bedeutungslosigkeit sinkt. Natürlich wird das noch einige Generationen dauern, und die Kirche wird sich mit aller Kraft dagegen stemmen, aber es wird sich nicht aufhalten lassen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Kirche sich so weit reformiert, dass sie eine relevante Rolle auch auf der neuen Bewusstseinsstufe spielt. Was sollte sie dort tun? Ich halte das für unmöglich.
        Fazit: Seit fast 300 Jahren wird den Menschen durch die Aufklärung die eigene Verantwortung immer bewusster. Eine Institution des Glaubens wird nicht mehr gebraucht. Wir brauchen jetzt reale nüchterne Fakten und den konsequenten, eigenverantwortlichen Willen zur (richtigen) Tat, wenn wir überleben wollen. Und das werden wir…. Im Fernsehen erfährt man von einer ständig wachsenden Zahl von Initiativen, weltweit, die alle vom neuen Bewusstsein getragen sind. Es waren Einzelne, jetzt werden es immer mehr, und irgendwann ist eine “kritische Masse” erreicht, die den Aufschwund auf die nächste Bewusstseinsstufe kollektiv vollzieht. Dann wird es viele Generationen gut gehen, bis sich wieder neue Schwierigkeiten ergeben, die einen weiteren geistig/spirituellen Aufschwund erzwingen. Und natürlich vollzieht sich der Wandel von Stufe zu Stufe immer krisenhaft.
        Das sollte uns nicht zu sehr beunruhigen….schließlich geht es immer aufwärts, das ist das Gesetz der Evolution.

        1. Karlheinz Raum sagt:

          Leider hat bis jetzt nur eine Minderheit die Stufe des Glaubens überschritten, die Buddha mit Erleuchtung bezeichnet hat. So könnte man den toten Punkt eher als Krise oder Stagnation bezeichnen, die der Wende voraus geht. Danach könnte sowohl der Tod, als auch die Genesung eintreten. Es führt hier zu weit, um Details zu erörtern. Vielleicht besser privat ….

  2. Ekkehard sagt:

    Ich bin auch kein Anhänger der Katholischen Kirche, möchte mich aber hier an der üblichen Kritik an der zweitausendjährigen Geschichte dieser Institution nicht beteiligen. Außerdem gibt es immer Menschen, gleichgültig ob sie Christen, Muslims, Nazis, Patrioten oder nur kleine Mitläufer sind, die gerne ihre Macht an anderen ausprobieren,.
    Wenn ich das Thema recht verstanden habe, geht es nur um die Frage, ob sich Kardinal Marx rechtens geäußert hat. Ehrliche Absicht ist dabei zu unterstellen.
    Wichtig erscheint mir zunächst. Das Schreiben an den Papst ist mit dem Vermerk der Vertraulichkeit abgefasst. Der Papst hat aber einer Veröffentlichung zugestimmt. Daraus könnte man, muss aber nicht, eine gemeinsame Aktion vermuten. Immerhin sind beide bestrebt Veränderungen durchzusetzen, scheitern aber immer wieder an dem „so war es immer schon“.
    Es ist immer die Frage, wie man zur Kirche steht. Man kann eine Abschaffung oder ein Verbesserung der Institution wünschen. Die Abschaffung einer Gemeinschaft mit fast einer Milliarde Mitgliedern halte ich für kaum möglich. Folglich ist eine Verbesserung zu wünschen. Deswegen bin ich der Meinung, Reinhard Marx hat recht.

  3. Karlheinz Raum sagt:

    Ob Kardinal Marx recht hat, ist philosophisch nicht zu beantworten. Er hat ein Recht darauf, seine Meinung frei zu äußern. Recht haben und recht bekommen, entscheidet das Gericht und da unterscheiden sich Staatsbürger von Kardinälen. Sie unterstehen noch einer anderen Instanz – dem der Kurie im Vatikan und dem Papst als Oberhaupt. Dort herrscht noch das Recht autokratischer Systeme. Bei einer Verurteilung wird dort im Namen Gottes geurteilt, während in weltlichen Gerichten im Namen des Volkes verurteilt wird.
    Seine Äußerung über den Zustand der Kirche ist sachlich falsch, denn tot ist tot.
    Eine Organisation mit über 20 Millionen Mitgliedern (die größte Gemeinschaft in Deutschland) kann man nicht als tot bezeichnen. Richtig wäre gewesen, dass sich die Zahl der Mitglieder seit vielen Jahren kontinuierlich verringert.
    Bei der aktuellen Diskussion geht es nicht darum, ob sich die Kirche in einer Krise befindet, sondern inwieweit Vorgesetzte von Organisationen verantwortlich gemacht werden können, für die Straftaten ihrer Mitarbeiter. Die Mitverantwortung tritt ein, sobald sie davon Kenntnis erhalten, denn dann müssten sie handeln. Wenn das unterbleibt, wäre es Duldung. Juristisch könnte man sich mit Unwissenheit verteidigen und auf mildernde Umstände plädieren. Im Kirchenrecht ist allerdings Unzucht eine Todsünde und wenig Gnade zu erwarten. Auch nicht, wenn ein Kardinal seinen Rücktritt anbietet, der ihm eine lebenslänglich bezahlte Rente garantiert.
    Vermutlich ist mit dem ewigen Leben nicht, einfach so weiter machen, gemeint.
    Mal sehen, ob die Gesandten aus Rom der Wahrheit auf die Spur kommen.

  4. Do Pfrogner sagt:

    Für mich ist die katholische Kirche und ihre einkennigen Anhänger schon lange ver- und gestorben. Im erzkatholischen Sauerland brauchte es dazu nicht viel, um das “Wasser predigen und Wein trinken” zu erkennen.
    Wenn die Caritas-Vertreterin das amerikanische Care-Paket wieder einpackt und wegnimmt, als sie merkte, dass wir Flüchtlinge ohne ihren Glauben waren. Wenn die erste Liebe an den Glaubensunterschieden scheitert, wenn ein Glaubensloser nicht auf dem katholischen (einzigen) Friedhof beerdigt werden durfte, ja dann erkennt man schon als Kind, dass da was grundlegend nicht stimmt.
    Trotzdem ärgert es mich außerordentlich, dass das reiche Rom nicht in der Lage ist, alte Kirchen zu renovieren, sondern sie lieber als zukünftige Moscheen verkaufen lässt. Von der Zölibat-Unmöglichkeit und Frauenämter-Feindlichkeit mal ganz abgesehen. Amen.
    Das Allgemein-Göttliche läßt sich weder in Kirchen noch im Katechismus einsperren.

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