Ist das Eigentumsrecht von Grund und Boden bei der heutigen Bevölkerungsdichte noch zeitgemäß?

Das Eigentumsrecht von Grund und Boden ist eher ein jurstisches oder politisches Thema.
Wie kann man es in eine philosophische Frage umwandeln?

Philosophische Gedanken:
Wie wirkt sich Eigentum auf die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen aus?
Ererbtes Eigentum im Gegensatz zu selber verdientem Eigentum ?

Zuviel Eigentum? Zuwenig Eigentum?

Zuviel führt zu Habgier und Trägheit.

Zu wenig führt zu Entbehrung von Lebenschancen.

Persönlicher Besitz bedeutet das Verfügen über Möglichkeiten, das Erweitern der persönlichen Souveränität.
Die negativen Auswirkungen von Besitz:
Ich muß ihn verwalten, pflegen,
oder ich häufe zu viele Dinge an,
die auf dem Land Platz haben, und werde dadurch erstickt und total gebremst.

Für den Philosophen Peter Sloterdijk geht es um die beiden Pole:
Das freie Schweben und das erdenschwere Gebundensein.

Zur Bevölkerungsdichte:
In Tierexperimenten zu diesem Thema sah man, dass zu viele Fische in einem kleinen Aquarium sich gegenseitig tot beißen, wenn es nicht genügend Raum für den einzelnen Fisch gibt. Dasselbe passiert ja schon bei uns Menschen. Kriege, aggressive Auseinandersetzungen, Egoismus, Rücksichtslosigkeit. Der Stärkere gewinnt.

Hier wären wir wieder bei der Liebesfähigkeit. Wenn die menschliche Gesellschaft bei zunehmender Bevölkerungsdichte überleben will, muß sie Liebesfähigkeit entwickeln, den Respekt für die Schöpfung, den Respekt für den nächsten Menschen, liebevolle Beziehungen, in denen es um Rücksicht, Toleranz, gegenseitige Achtung, Verständnis, Fürsorge geht.

Der biblische Spruch „Liebe deinen nächsten, wie dich selber“ wird meist einseitig verstanden: Entweder sind es die altruistischen Helfer, die sich völlig für den anderen aufopfern, wodurch sie so bedürftig werden, dass sie letztendlich den anderen indirekt manipulieren, damit sie die Liebe bekommen, die sie sich nicht auf normalem Weg holen können. Dann gibt es die andere Sorte: Sie sind total egoistisch, sie lieben nur sich selber, und manipulieren auch alle Menschen. Auch hier geht es um die Sehnsucht nach Liebe, indem sie völlig rücksichtslos, sich das nehmen, was sie brauchen – ohne an den anderen zu denken (mangelnde Liebesfähigkeit).

Die Lösung wäre:
„Liebe dich selber UND deinen Nächsten“.

Bei der Frage nach Besitz und Eigentum werden diese beide Polaritäten ausgelebt.

Ist Eigentum noch zeitgemäß?
Es geht eher darum, dass im menschlichen Gehirn „Territoriale Instinkte“ aus Urzeiten gespeichert sind. Das denkende Gehirn des Menschen fragt nicht, ob es zeitgemäß ist, es fragt auch nicht, wie es dem anderen geht, wenn ich alles für mich beanspruche. Es handelt instinktiv und unbewußt, nach dem Motto: „Ich will das Land oder den Besitz, weil es mir gehört (ererbt oder erworben)“ „Das gehört mir“. Es wird dafür mit allen Mitteln kämpfen, ohne Rücksicht auf Verluste. Der derzeitige drohende Ukraine – Konflikt ist ein Beispiel dafür.

Wie gesagt, es wird sich erst etwas ändern, wenn der Mensch Liebesfähigkeit lernt.

Dr. Corinna Brandl

 

7 Gedanken zu “Ist das Eigentumsrecht von Grund und Boden bei der heutigen Bevölkerungsdichte noch zeitgemäß?

  1. Bettina sagt:

    Wie soll der Unfrieden verhindert werden, wenn alles so weitergeht? Man muss wieder den Neoliberalismus zitieren. Diese Generation wird das größte Vermögen in der Geschichte erben, die große Mehrheit aber nichts. Kürzlich gab es den Vorschlag, alle 18-jährigen sollten ein Erbe von 20000 € bekommen – aber was ist das schon in der heutigen Zeit. Zum Immobilienerwerb reicht es nicht, höchstens für Auto und Führerschein. Den Immobilieninvestoren- und Spekulanten aus aller Welt sollte das Handwerk gelegt werden. Ideen von der Enteignung großer Wohnbaukonzerne bzw. deren Rück-Verstaatlichung gab es schon, sind aber auf größte Abwehr(Angst) gestoßen. Leider haben wir seit der großen Privatisierungswelle in den 90er Jahren diese Probleme: teure Mieten, Heuschreckenmentalität, Entbindung des Sozialen Wohnungsbau von den Sozialmieten, eine Bahn, die an die Börse wollte, Krankenhäuser, die reihenweise wegen Verlusten schließen müssen. Warum müssen diese Branchen, die eigentlich z.T. Volkseigentum sind, Gewinne machen? Und wenn Gewinne gemacht werden, warum werden diese nicht verteilt, statt in die Kassen einiger Superreichen zu fließen? Erst letzte Woche gab es wieder die Forderung von über 100 Millionären, mehr Steuern zu zahlen:

    https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/vermoegen-steuer-millionaer-reichtum-oxfam-100.html
    https://www.taxmenow.eu/

    Und bitte nicht Millionärs-Altruismus in Form von Spenden, um dann die Politik zu bestimmen, wie in den USA. Die Ungerechtigkeiten beim Privateigentum an Grund und Boden sind schon himmelschreiend, aber da sind wir wieder beim Sozialismus. Ob die Gemeinden Angst haben, ist fraglich, vielleicht denken sie auch an die Mehreinnahmen.

    1. Bettina sagt:

      Der Begriff Millionärs-“Altruismus” ist eigentlich falsch, denn er ist positiv und bedeutet “uneigennützig” und “selbstlos”. Ich habe einmel im Stammtisch kurz das Spendenthema USA erwähnt und dabei die Spender (Spenden statt Steuern zahlen!) “Philanthropen” genannt. Auch das wollte ich so nicht ausdrücken, denn “Menschenfreunde” ist auch nicht der richtige Begriff…ich finde keinen, füge aber nochmal den Spiegel-Artikel vom bei, der über die Carity-Szene in den USA berichtet (Zitat: “Berühmt wurde der Fall der Clintons, die einst in ihrer Steuererklärung sogar Bills getragene Unterhosen als Kleidergabe mit zwei Dollar pro Stück auflisteten”).
      https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/usa-warum-spenden-die-amerikaner-so-viel-geld-a-1299501.html
      So wird natürlich von Einzelnen mitbestimmt, wie der Staats-Hase läuft…noch ein Artikal aus der SZ:
      https://www.sueddeutsche.de/panorama/milliarden-fuer-gute-zwecke-spenden-ist-in-den-usa-zu-einem-irren-geschaeft-geworden-1.3796742
      Auch Epstein hat kräftig gespendet, und der Harvard University beispielsweise war das im Nachhinein dann peinlich.
      Donald Trump war auch mit Epstein befreundet.

      1. Karlheinz Raum sagt:

        Ein verständlicher Begriff – nur etwas sperrig – wäre Wählerbeeinflussungsbeitrag – kurz; Bestechung genannt.

  2. Ekkehard sagt:

    Ich glaube nicht, dass die Entwicklung der Bevölkerungsdichte einen starken Einfluss auf die Probleme im Wohnungsbau hat. 1995 lebten in Deutschland 232 Einwohner auf einem Quadratkilometer und 2020 waren es wieder nur 232/qkm (Schwankungsbreite dazwischen 229 und 236).
    Außerdem bin ich ein Anhänger des privaten Wohneigentums. Eine Staatswirtschaft bringt da kaum etwas. In der DDR hatte man sogar die alten Grundbücher vernichtet, um jede Rückkehr zu alten Verhältnissen auszuschließen. Immerhin hat man mit den Plattenbauten einen besonderen Baustandard entwickelt, der sich jedoch nicht durch Wohnlichkeit auszeichnete.
    Die Eigentumsregelung ist, zumindest theoretisch, im Grundgesetz § 14 ganz gut abgefasst. Verkürzte Aussage: Eigentum ist ein Grundrecht – Eigentum verpflichtet – und der Staat hat ein Eingriffsrecht, wenn dies zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist. Ja, natürlich, Eigentümer nehmen das mit der Verpflichtung nicht so ernst, aber ich kenne Bauherren, die das, angesichts der Vorschriften, ganz anders sehen.
    Das alles ändert nichts an den Problemen, die wir heute haben. Welche sind dies?
    Menschen wollen nicht nur bauen, sie wollen auch bestimmen, wo sie bauen. Das sieht man an den gewaltigen Unterschieden in den Preisen des Baulandes. Das billigste Bauland in Deutschland kostet 30 €/qm, das teuerste über 2.000 €/qm. Die 30 € gibt es ganz sicher nicht in Alpennähe. Da leuchtet ein: in der Region mit 30 € gibt es leerstehenden Wohnraum, am anderen Ende findet man nichts mehr.
    Die Preise steigen ständig. Logisch mag man sagen: Preise werden durch Angebot und Nachfrage bestimmt, und wenn die Nachfrage größer ist. Stimmt aber nur zum Teil. Baupreise sind auch veränderte gesetzliche Auflagen. Unser Haus war vor dreißig Jahren neuester Standard. Heute würde man für diese Ausführung vielleicht keine Baugenehmigung mehr bekommen. Wieso darf der Käufer die Grunderwerbssteuer für sein Haus, wenn er es selbst bewohnt, nicht absetzen? Das Haus ist dann automatisch um 3,5 bis 6% teurer, obwohl der Wohnwert um keinen Cent steigt.
    Ein entscheidender Faktor ist das Genehmigungsverfahren. Ob ein Grundstück Bauland wird und welche Auflagen darauf zu beachten sind, kann niemals der Eigentümer entscheiden. Das sind Obliegenheiten der Öffentlichen Hand. Das ist auch gut so, bleibt aber ein wesentlicher Preisfaktor.

    Kann man die Situation positiv verändern? Ich glaube schon, auch wenn es ein schwieriger langer Weg ist. Ich möchte nicht ins Detail gehen, weil ich schon jetzt zu stark in die verpönten Wirtschaftsüberlegungen eingestiegen bin – aber Hinweise seien doch erlaubt:
    Man kann Baukosten optimieren, zum Beispiel mit dem Erbpachtmodell vom Hans.
    Man kann Wohnattraktivität in „Billiggegenden“ erhöhen. Menschen müssen sich wohlfühlen, auch wenn sie nicht den Wendelstein sehen.
    Man kann das Eigenheim als oberste Zielsetzung durch andere Zielvorgaben relativieren.
    Man kann das Wohnen zur Miete aufwerten.
    Man kann Menschen verstärkt zu Aktivitäten hinführen, die nichts mit dem Wohnen zu tun haben.
    Schluss

    Apropos: Wo ist die nächste Schafkopfrunde?

  3. kuhn hans-peter sagt:

    Es tut mir zwar leid, aber ich kann nicht anders als mal wieder den bekannten Spruch zu bringen: Die Philosophie ist ein Kreisverkehr dessen Ausfahrten in Sackgassen enden.
    Das ist besonders dann der Fall, wenn wir etwas möchten oder begehren (Eigentum), in dem Bewusstsein, dass dies uns selbst und vor allem der Gemeinschaft, erheblichen Schaden zufügen kann.
    Damit sind wir im Spannungsfeld zwischen Begehren und Verzichten.Das Leben dort ist eher ungemütlich.
    Aristoteles und die Stoiker empfehlen Masshalten. Das ist für die Einen Askese, für die Anderen ein Leben in Saus und Braus…
    Vielleicht heisst die Lösung Zufriedenheit, dieser ruhende Zustand des Gleichgewichts in dem das Begehren auf Sparflamme läuft und der Verzicht leichtfüssig daherkommt?

    “Leicht gesagt, schwer getan”?! Wer mir aus der Sackgasse helfen kann, der gebe sich Kund!!!!!

    1. Karlheinz Raum sagt:

      Ich kann Dir leider die Lösung nicht verkünden. Du musst schon die Blockade in deinem eigenen Denken erkunden. In der Philosophie und unserem Gehirn gibt es keine Oneways, Roundabouts und Dead Ends. Alles ist vernetzt. Da helfen auch keine bekannten Sprüche.

  4. Karlheinz Raum sagt:

    Ich versuche mal den psychologischen Vorspann mit der ursprünglichen Frage von Hans zu verbinden.
    Bei Eigentum geht es um das, was wir besitzen. Um zu besitzen, brauchen wir Geld. Um Geld zu erwerben, müssen wir arbeiten, was wir zum Leben brauchen.
    Da wir ein soziales Wesen sind und nicht alleine sein können, suchen wir einen Partner-in und gründen eine Familie, mit der wir das erhalten, was wir geschaffen haben. Das ist der Sinn des Lebens und macht uns zufrieden und glücklich.
    Wenn wir mehr schaffen als notwendig, wird es bedenklich und fördert unseren Egoismus. Aus dem Menschen wird ein Individualist und entwickelt sich zum Raubtier. Abhängig davon, wieweit der Mensch sich von der Gemeinschaft entfernt. Dem Raubtier wird die Herde zur Beute und die wird umso größer, je leichter man an Geld kommt.
    Im 20./21. Jahrhundert – mit 2 Weltkriegen – kam so viel Geld in Umlauf, dass man dringend nach einer Absicherung suchte. Man hat gelernt, dass Geld selbst wertlos und materielle Werte zerstörbar sind. Ja selbst das eigene Leben sehr begrenzt ist.
    Aus der Frage; “Wohin mit dem Geld“, wurde das Grundstück als vererbbare Kapitalanlage entdeckt. Fast zur gleichen Zeit wurde demjenigen, der weder Geld noch Lust auf Arbeit hatte, der Zugang zum Geld erleichtert, was zu den heutigen Auswüchsen führte.
    Wahrscheinlich könnte man mit den leer stehenden Wohnungen und Häusern in Prien, weit mehr als 160 Personen ihren Wunsch nach Eigentum erfüllen. In Aschau sollen bereits 25% aller Wohnungen, Zweitwohnungen sein.
    Die Lösung kann demnach nur eine Begrenzung des Eigentumsrechts und Einkommens sein, sowie eine Anhebung der Zinsen, zur Sicherung des sozialen Friedens und um eine Spaltung unserer Gesellschaft zu vermeiden.
    Eine Pacht würde genügen und wir müssten weniger arbeiten, um Eigentum zu erwerben.
    Oder aus dem philosophischen Blickwinkel eines Bahai; Wenn die Erde nur ein Land und wir seine Bürger sind, bräuchten wir da noch eigenes Grundstück für die begrenzte Zeit, die wir auf diesem einmaligen Planeten leben dürfen?

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