Wie lauten die 6 Regeln der sokratischen Methode?

1.Fragen statt belehren
Sokrates stellte nur Fragen,
um zum Denken anzuregen

2.Definition suchen
Er forderte klare Begriffe,
zum Beispiel, was ist Gerechtigkeit

3.Widersprüche aufdecken
Durch gezieltes Nachfragen entlarvte er
unlogische oder widersprüchliche Aussagen

4.Selbsterkenntnis fördern
Ziel war nicht Sieg im Streit,
sondern Einsicht in die eigene Unwissenheit

5.Gleichrangiger Dialog
Jeder konnte mitreden, der Austausch
sollte fair und offen sein

6.Keine Autorität zählt
Nur das bessere Argument galt,
nicht der Rang des Sprechers

Diese Methode nannte Sokrates
selbst
„Hebammenkunst“.
Er half anderen, eigene
Gedanken zu „gebären“.

Die “Sokratische Methode” ist
die schärfste Waffe gegen den
“Dunning-Kruger-Effekt”,
der besagt, dass die meisten
Menschen ohne Ahnung keine
Ahnung haben, dass sie
keine Ahnung haben.

16 Gedanken zu “Wie lauten die 6 Regeln der sokratischen Methode?

  1. Monica sagt:

    Sokrates an einem Bayrischen Wirtshausstammtisch?!
    Was für eine Fusion! Gewagt, experimentell, innovativ – allein schon das „Setting“ bedeutet Provokation und Frage an sich. Wie kann das zusammengehen? Und das seit… Jahren?!
    Der Bayer. Stammtisch: Traditionell bei Schweinsbraten bierselig, hemdsärmlig, „krachert“, auf den Tisch hauen und (zuweilen lautstark) die eigene (oft politische) Meinung durchsetzen, stur wie „Fingerhakeln“ oder Armdrucken. Wenig Fragen, viel Antworten. Max. Meinung. Viel Monolog. Keine Regeln. Viel Bauch. Emotion pur. Me first. I bin I. Mia san mia.
    Sokrat. Gespräch: Fragen!! Hinterfragen, weiterfragen… Kopf an Herz?, Intellekt, Vernunft, „feine Klinge“, Zuhören, Co-Reflektieren, Dialog, Erkenntnisgewinn, … Sich reiben an den Fragen und Antworten, lustvoll und schmerzhaft, un/geduldig, spielerisch oder mühsam, im „Flow“ oder holperig, kopfschüttelnd oder nickend… die Fragen wie Trommelsteine -bestenfalls -so lange bearbeiten, bis sie klarere Sicht ermöglichen.
    Fazit: Kein Wunder enthält der „Sokratische Stammtisch“ Elemente von beidem. Mäandert sich so durch die Mittwoche. Der mutige Versuch einer Antwort auf die Frage, wie Tradition Sinn behält/wieder erlangt. Eine Antwort auf zu lange Talkshows und Kommentarspalten. Auf eine immer komplexere uns überfordernde Welt. Analog statt digital. Dialog statt Monolog. Begegnung statt Vereinzelung … Eine Suchbewegung.
    Weniger: Wie geht es Dir mit der Frage? und mehr: Wo geht diese Frage mit Dir/mit uns hin? Wo führt sie uns hin?
    Das sind Sternstunden, nicht immer, aber immer wieder: Trüffel für die Saurüssel.
    *) und eine Frage hätte ich zum „6.Gebot“: Wer entscheidet, welches das bessere Argument ist?!

    1. Detlev Six sagt:

      Ich möchte deinen Text nicht entweihen, indem ich ihn banal lobe und stattdessen wie du ein Zukunftsbild entwerfen. Sollten wir je so weit kommen, wie du uns jetzt schon schilderst, dann werden wir auch das Rätsel des 6.Gebots gelöst haben.

  2. kuhn hans-peter sagt:

    Ein donnerndes Bravo für den Spruch von Karin Kraft!!!!
    Detlevs sokratischer Post hat eine Lawine losgetreten, die zeigt, dass Ihr Euch einig seid, in der Lust zu philosophieren.
    Diese Resilienz ist zu wertvoll, um einen Preis zu haben.
    Für mich ist es ein Privileg, hin und wieder, in solch einer Gruppe mitzumischen.
    Dafür mein Dank!

  3. Karlheinz sagt:

    Heute nennt man es Diskurs. Aber wie man daraus eine Waffe formuliert, können nur die beantworten, die jeden Diskurs platzen lassen. Man kann sie daran erkennen, dass sie Fragen beantworten, die niemand gestellt hat.

    1. Monica sagt:

      o.k. Diskurs also. Ob Dialog oder in großer Runde wohl treffender “Diskurs”, ob Waffe oder “Heilmittel” gegen … Unter-wie Übergriffigkeit hat auf alle Fälle das Potenzial, jeglichen Diskurs- wie philosophisch auch immer- platzen zu lassen. Ebenso wie unzulässige Zusammenfassungen, vermeintliches Sprechen für alle. Kritik und Besserwisserei statt der ständig angemahnten “eigenen Gedanken”. Eine Frage, “die keine/r gestellt hat”??
      Doch, ich oute mich, nach einigen Stammtischen, nicht nur mich selbst, sondern auch andere zu fragen, was das mit “Philosophie” zu tun hat. Besonders wenn neuen Gästen und Teilnehmer*innen erklärt wird, nach welcher Methode wir hier arbeiten.
      Und so kann es doch unserem Stammtisch nur guttun, im Sinne von “Back to the Roots” und im Sinne des Sokratischen (neo-sokratischen oder gar “platonischen”) Gesprächs die FRAGEN hochzuhalten, auch die Frage wie wir jeden Mittwoch diese sinnvollen Grundgedanken und Regeln leben (können, wollen … sollen?)
      Neben den mittwochlichen mal mehr mal weniger brennenden Fragen, freue ich mich und bin Detlev dankbar, für mal ein paar tieferliegende, dahinter liegende grundsätzlichere Fragen, die uns so “nebenher” immer begleiten. Es lebe der Stammtisch und auch die “Fragen die keiner stellt”!!

      1. Hans Zangl sagt:

        Monica, ich stimme Dir voll zu und bin Detlev dankbar, dass er versucht, wieder etwas mehr Philosophie in die Mittwochsrunde zu bringen. Dazu müssten aber auch die Themen im Sinne der Erkenntnisgewinnung stark verändert werden.

        1. Monica sagt:

          Lieber Hans, Du meinst folgerichtig:
          Dazu müssten aber auch die Themen im Sinne der Erkenntnisgewinnung stark verändert werden.
          Die Frage ist: Von wem?? Hans bittet jedes Mal, Fragen zu nennen, diese im Falle von Input zu “übernehmen”. Ich freu mich auf Deinen Anstoß zur Erkenntnisgewinnung – ohne zwinker, aber mit 🙂

  4. Ekkehard sagt:

    Ja, es gibt Fakten. Aber auch diese entziehen sich nicht persönlicher Bewertung: Ein halb volles Glas ist immer auch gleichzeitig halb leer.
    Eine vergleichbare Problematik sehe ich auch in der Zuordnung der sokratischen Regeln. Ich glaube wohl, Sokrates hat in seiner Methodik diesen Regeln entsprochen. Tatsache ist aber auch, dass Platon die sokratischen Regeln formuliert und Sokrates zugeschrieben hat, das war oder ist ein Streitthema in der philosophischen Geschichtsforschung.
    Mich beschäftigt diese Problematik allerdings nicht, weil meine bescheidenen philosophischen Fähigkeiten ohnehin nicht ausreichen, die 6 Regeln abzudecken. Vielleicht geht es den Stammtischfreunden ähnlich. Aber keine Sorge. Sokrates hat anscheinend Dialoge in Zweier- oder Dreierrunden gepflegt. Das lässt sich auf einen Teilnehmerkreis von 10 bis 20 Personen kaum übertragen.

    1. Detlev Six sagt:

      Du musst nicht alle 6 Regeln der sokratischen Methode abdecken können. Es ist schon wertvoll, wenn du den Kern akzeptierst – die Frage als Mittel zur Erkenntnis. Was heißt das? Dazu ein Beispiel aus der Stammtisch-Geschichte.
      Ein Zettel wird in die Mitte geschoben, mit zwei Wörtern darauf:
      Holistische Heilung
      Darauf ich:
      “Das ist weder eine Aussage noch eine Frage,
      also, was soll es sein?”
      Die andere Person:
      “Mach ein Fragezeichen dahinter,
      dann ist es eine Frage.”
      Ich:
      “Dann ist es immer noch keine
      Frage, ein Fragezeichen allein
      macht noch keine Frage”.
      Die andere Person:
      “Wieso”?
      Ich:
      “Eine Frage zeichnet sich dadurch
      aus, dass sie ein Erkentnisinteresse hat,
      wo ist dieses Interesse bei Holististische Heilung”?
      Die andere Person:
      “Ich brauche kein Erkenntnisinteresse,
      was ich sagen will, Holistische Heilung,
      das isses”.
      Zu viele Fragen (auch bei uns am Stammtisch)
      sind mit Fragezeichen verkleidete Behauptungen,
      die nur ein einziges Interesse bekunden, dass
      diese von den Anwesenden akzeptiert werden.
      Kann man so machen, hat aber mit der
      Suche nach Erkenntnissen nichts zu tun.

  5. Karin Kraft sagt:

    Ja, es gibt Fakten. Punkt. Diese kann man an Zahlen, und bei Ralphs Beispiel, an (Grenz-) Linien festmachen zu einem bestimmten (Zeit-) Punkt. Die Schwierigkeiten entstehen aber auch hier aus dem selben Grund : verschiedene Menschen nehmen verschiedene “Fakten” für ihre Berechnungen mit auf, weil sie beispielsweise verschiedene Begründungen und Zeitfenster für ihre Fakten mit in ihr Kalkül nehmen. Ich glaube, dass nicht einmal Fakten, die sich auf Berechnungen gründen, frei von der jeweiligen Sichtweise auf die jeweilige Sachlage sind.

  6. Karin Kraft sagt:

    Zu Ralphs Kommentar : Du hast vollkommen recht! Mir ging es um die Wichtigkeit und Unabdingbarkeit, Begriffe um Sachverhalte, bevor man diskutiert und unbedingt recht haben möchte zu definieren, zu klären, was man meint. Zu erkennen und zu reflektieren, dass man eine ganz persönliche Brille aufhat, die einem eventuell bis sehr wahrscheinlich die Sicht auf die Wahrheit oder Wirklichkeit oder Realität trübt oder total verstellt, weil sie die Möglichkeit von Fragen nicht mal in Betracht zieht.

  7. Ralph P. Crimmann sagt:

    Zu Karin und Peter: Gibt es nicht den Rekurs auf Fakten? Ist nicht gerade das Umbiegen der Fakten Kennzeichen von Manipulation? Beispiel: Netanjahus Behauptung, in Palästina lebten vorwiegend Juden. Faktum ist, dass zwischen Jordan und Mittelmeer (insgesamt von Israel beanspruchtes und okkupiertes Gebiet) tatsächlich zur Hälfte Juden und zur Hälfte Palästinenser wohnen. Das Beharren auf der Faktizität unabhängig von der Brille des Betrachters erlaubt erst einen Rekurs auf das Wesen der Dinge. Das – unter anderem – ist das Prinzip der Phänomenologie. Lasst uns die Phänomene ansehen, wie sie in ihrer inneren Bedeutung und Intentionalität sind, z.B. das Verhalten von Kindern.

    1. Karlheinz sagt:

      Im Westjordanland (West Banks, ohne Ost Jerusalem) leben ca 3,5 Mio Menschen, ( Muslime, Christen, Drusen, Maroniten, Samaritaner und Ungläubige), davon etwa 500.000,- Juden. Im angrenzenden, nördlichen Teil Israels ist es umgekehrt.
      Vor 1948 gab es weder Israel noch Palästina als Staat. Dieses Gebiet wurde im 1. Welkrieg von den Briten erobert und gehörte vorher zum Osmanischen Reich. Die dort lebende Bevölkerung war überwiegend arabischer Abstammung.

  8. Karin Kraft sagt:

    Lieber Detlev, vielen Dank für diese herrliche Zusammenfassung! Da bekommt man ja wieder richtig Lust, angemessen zu philosophieren, zu definieren und sich füreinander zu interessieren. Wir sehen die Dinge ja bekanntlich nicht, wie sie sind, sondern so, wie wir sind.

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