Wann lügen wir und wann sagen wir die Wahrheit?

Wenn ein
Mörder gesteht,
unterwirft er
sich der Macht
des Richters.
Wer einen
Ehebruch zugibt,
gibt dem
Ehepartner
die Macht.
Wenn ein
Politiker Fehler
eingesteht,
überlässt er der
Opposition Macht.
Deshalb lügen wir.
Wir lügen,
wenn wir
uns fürchten,
Macht zu
verlieren.
Die Wahrheit
sagen wir,
wenn wir
nichts zu
verlieren haben.
Ist jetzt klar,
warum Politiker
mehr lügen?
Sie haben
einfach mehr
zu verlieren.

 

9 Gedanken zu “Wann lügen wir und wann sagen wir die Wahrheit?

  1. Monica Lieschke sagt:

    Beides: Lügen haben kurze Beine u n d wer bei der Wahrheit bleibt, zieht manchmal den Kürzeren.
    Wahrheit und Lüge auf eine Frage der Macht/erhaltung und -verschiebung zu reduzieren, scheint mir doch sehr kurz gegriffen.
    Die Wahrheit sagen wir, wenn wir nichts zu verlieren haben?? Manchmal gewinnen u nd verlieren wir gleichzeitig – sehenden Auges. Wir gewinnen/erhalten unsere innere Wahrheit und Würde und verlieren ev. z.B. einen Partner, einen Job, eine Wählerstimme…
    Der Mörder, der gesteht, unterwirft sich vielleicht einfach dem Recht, der Rechtssprechung, er be- und entlastet sich dabei zugleich.
    Wer Ehebruch zugibt, entlastet vielleicht nur sein Gewissen. Ob er damit dem Partner Macht verleiht oder diesen k.o. gehen läßt oder die gemeinsame Basis erhält, … viele Möglichkeiten auch hier.
    Wenn ein Politiker Fehler zugibt, verschiebt er Machtvorteile an politische Gegner, wird aber zuweilen das Vertrauen seiner Wählerschaft erhalten. Politik muß laufend Entscheidungen treffen, die einer momentanen Wahrheit und oft unklaren Gemengelage entspringen. Fehler-Kultur ist Voraussetzung von Fehler-Korrektur. Das wissen auch zumindest manche Wähler*innen.
    Gelogen wird aus vielerlei Motiven, kaum eine ist wirklich langfristig lohnend. Außer vielleicht einer (vorübergehend) gnädigen Mogelei beim Unterschlagen von ein paar Kilos oder Jährchen 😊

  2. Ekkehard sagt:

    Eindeutige Aussagen überzeugen, müssen aber nicht immer richtig sein. Der gestehende Mörder erhofft sich vielleicht mildernde Beurteilung und der Politiker, der seinen Fehler eingesteht, will möglicherweise der Opposition nur das Maul stopfen. Das bedingt nicht unbedingt Machtverschiebungen.
    Ja es stimmt: Der Betroffene wird unangenehme Wahrheiten nicht an die große Glocke hängen, vielleicht sogar leugnen wollen. Es ist auch billig, angenehme Wahrheiten zu preisen. Aber ist das eine Regel? Wo bleibt da das Vertrauen der Gemeinschaft? Ist nicht Wahrhaftigkeit erstrebenswert?
    Am vergangenen Mittwoch wurden unterschiedliche Wahrheiten angesprochen. Die Philosophie erscheint mir auf diesem Gebiet durchaus vielseitig. Ich bin da naiv und kenne nur die objektive und meine empfundene Wahrheit. Dabei hoffe ich, dass meine Wahrheit nicht allzu entfernt von der objektiven ist. Natürlich akzeptiere ich auch die begründete Wahrheit des anderen. Diskussion ist doch die Basis unseres Stammtisches. Andernfalls wäre es vielleicht besser, sich zu gemeinsamem Gesang zu treffen. Wahrhaftigkeit heißt für mich, auch zu einer Wahrheit zu stehen, selbst wenn dies unangenehm ist,
    Mit der Lüge scheint es etwas einfacher. Eine Lüge die mir nützt oder einem Anderen schadet, ist grundsätzlich schändlich. Dieser Grundsatz muss gelten, auch wenn das im Einzelfall mal anders sein kann. Dann gibt es noch die harmlosen Lügen: Münchhausen ist nur durch seine Lügen bekannt. Aber waren das in der richtigen Zeit nicht herrliche Geschichten, deren Erzählungen niemandem Schaden zugefügt haben?
    Neben der Philosophie gibt es noch den Alltag. Begrüßungsformeln, die schnelle Antwort, Verallgemeinerungen und was sonst noch alles. Muss man da immer den Wahrheitsgehalt gewichten? Alles viel zu anstrengend – lass es einfach laufen.

  3. Karlheinz sagt:

    Leider kann man die Wahrheit nicht im Plural beantworten. Es gibt keine kollektive Wahrheit, sondern nur eine subjektive Wahrnehmung, die wir für wahr halten. Das Ergebnis lässt sich dann auch als Meinung definieren, die stets als richtig beurteilt wird. Wenn jemand anderer Meinung ist, wird sie als falsch eingestuft.
    Da wir damit nicht miteinander leben können, beginnen wir andere zu überzeugen. Ein mühsames Geschäft, das häufig mit Streit endet. Wenn es nicht gelingt, uns zu einigen, brauchen wir einen Schiedsrichter, der den Streit nach geltendem Recht beurteilt. Da aber jede Partei eine eigenen Wahrheit vertritt, muss ein Gutachter her. Das endet oft vor Gericht oder im schlimmsten Falle im Krieg, der dann entweder gewonnen oder verloren wird. Der Gewinner ist dann im Recht und damit Vertreter der Wahrheit. Der Verlierer ein Lügner, der bestraft wird.
    Die politische Wahrheit ist eine andere Dimension mit eigenen Regeln. Hier handelt es sich um Menschen, die in ihrer beruflichen Tätigkeit Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen.
    Zum Beispiel Beamte, aber auch Ärzte, Lehrer, Soldaten. Sie sind durch einen sogenannten Amtseid zur Wahrheit verpflichtet. Wer da beim Lügen erwischt wird, dem hilft nur noch der Gedächtnisschwund.

    1. Detlev Six sagt:

      Wenn zwei Zeugen vor Gericht übereinstimmend aussagen, dass sie den Tatverdächtigen um 16 Uhr 37 vor der Tür des Mordopfers gesehen haben, dann ist das eine kollektive Wahrheit.

      1. Karlheinz sagt:

        Wahrheit ist im Grunde eine Information, die ich entweder selbst wahrnehme oder mir berichten lasse. Wenn sie von anderen stammt, habe ich die Wahl, ob ich sie glaube oder nicht. Im engeren Sinne zählt sie zu den Tugenden und die sind bekanntlich auch käuflich. Es geht nicht darum wer vor der Tür gestanden hat, sondern wer der Täter ist.

        1. Detlev Six sagt:

          Es geht um die Wahrheit des Tatbestands um 16 Uhr 37 und nicht wer der Täter ist (auf dem Weg zu seiner Ermittlung sind noch einige Wahrheiten festzustellen). Beide Zeugen haben unabhängig voneinander wahrgenommen. Keiner hat dem anderen berichtet. Infolgedessen muss auch kein Zeuge dem anderen glauben. Natürlich ist hier ein Sachverhalt, der in einem Satz ausgedrückt und vom Richter zusammengefasst ist und von den Zeugen bestätigt wird. Wahrheit sagen manche, lässt sich nicht in Sätzen ausdrücken, sondern wird gefühlt. Ich kenne Vertreter dieser Meinung und weiß, dass ich zu dieser Auffassung von Wahrheit vermutlich so schnell keinen Zugang finde.

  4. Karlheinz sagt:

    Bevor ich antworte, wäre zu klären, ob du auch andere Lügen oder Wahrheiten gelten lässt oder nur die, in deinem post, auf Angst vor Machtverlust, festgelegten?

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